DAS WEINHAUS Frau Steiner, wenn man Ihre drei Kochbücher durchstöbert, merkt man ganz schnell, dass Ihnen der saisonbezogene und nachvollziehbare Koch-Stil am Herzen liegt. Alle Rezepte soll man auch nachkochen können. Wer hat bei Ihnen die Lust für gute Lebensmittel und das Kochen geweckt?
Richtig! Beim Schreiben meiner drei Kochbücher war mir sehr wichtig, dass alle Rezepte auch in einer privaten Küche umzusetzen sind. Ein besonderes Augenmerk lege ich dabei grundsätzlich auf saisonale Produkte. Jedes Gericht hat seine Zeit und schmeckt dann auch meist am besten.
Meine Leidenschaft für gutes Essen wurde bereits in frühester Kindheit entfacht. Mit meinen Eltern besuchte ich damals viele Spitzen-Restaurants in Frankreich. Das hat mich aus heutiger Sicht nachhaltig geprägt!
DAS WEINHAUS Welcher Ihrer „Lehrmeister“ hat Sie im Rückblick am meisten geprägt?
Jeder Chef war in gewisser Weise ein Vorbild für mich. Überall lernt man dazu und erhält neue Einblicke. Bei Fritz Schilling in der legendären „Schweizer Stuben“ entdeckte ich beispielsweise meine Liebe zu gutem Gemüse. Doch, ob die Lehrzeit bei meinem Vater, die Stationen bei Georges Blanc, Harald Wohlfahrt oder auf der Hotelfachschule in Heidelberg, jede Zeit lässt einen persönlich reifen!
DAS WEINHAUS Sie gehören zu den erfolgreichsten und besten Köchinnen des Landes. Wie haben Sie es geschafft, sich in dieser von Männern dominierten Branche durchzusetzen? Oder ist diese Frage in der heutigen Zeit überhaupt noch ein Thema?
Im Grunde genommen ist das heute kein Thema mehr. Klar, das Kochen auf höchstem Niveau ist anspruchsvoll und hart. Doch wer die Leidenschaft und das Herzblut für diesen tollen Beruf hat, lässt sich davon nicht abhalten. Qualität und Durchhaltevermögen setzt sich letztendlich in allen Branchen durch!
DAS WEINHAUS Ihre Rezepte und Menüs sind sehr sorgfältig ausgewählt. Es kommen viele heimische Produkte zum Einsatz. Jedoch lassen sich Ihre französischen Wurzeln nicht verbergen. Schlägt Ihr kulinarisches Herz mehr für Deutschland oder für Frankreich?
Ganz ehrlich: Frankreich! Trotz der inzwischen sehr teuren Preise in der Gastronomie ist für mich Frankreich in Sachen Produkt-Qualität unschlagbar. Vor allem Gemüse, Fisch und Geflügel sind bis heute in einer kontinuierlich hohen Güte zu bekommen! Die Leidenschaft für dieses Land merkt man auch deutlich auf meiner Speisenkarte. Jedoch werden die einzelnen Gerichte heute wesentlich leichter und bekömmlicher umgesetzt, was mir persönlich auch sehr am Herzen liegt.
DAS WEINHAUSWie sehen Sie persönlich die Entwicklung der Spitzen-Gastronomie in Deutschland?
Durchweg positiv! Ich bin der Meinung, dass wenn man mit Sorgfalt und Nachhaltigkeit gute Qualität liefert, man auch anspruchsvolle Gäste langfristig für sich begeistern kann. Die Qualität der Produkte, der Speisen aber auch des Personals muss jedoch passen!
DAS WEINHAUS Beschreiben Sie mal bitte selbst Ihren Küchen-Stil!
In meinem Restaurant serviere ich eine moderne, klassische und leichte Aromaküche. Mediterran aber auch regional geprägt.
DAS WEINHAUS Trotz der großen Abwechslung auf Ihrer Speisenkarte, liegen einem meist bestimmte Produkte ganz besonders am Herzen. Bei welchen Zutaten geht Ihnen das Herz auf?
Bei guter Taube, heimischem Reh, erstklassigem Gemüse und aromatischen Kräutern werde ich schwach. Entscheidend ist jedoch immer die absolute Frische!!
DAS WEINHAUS In der internationalen Top-Gastronomie sind extrem viele Speisen von einem unglaublich technischen Aufwand geprägt. Futuristische Zubereitungen und 10 bis 15 Komponenten auf einem Teller sind keine Seltenheit. Sucht der anspruchsvolle Gast, Ihrer Meinung nach, derartige Extreme oder geht es oftmals auch um eine große Show und Effekthascherei?
Da kann ich im Grunde genommen nur von unseren Gästen im „Hirschen“ sprechen. Hier habe ich das Gefühl, dass sie mehr das Bodenständige und Nachvollziehbare suchen. Ich möchte mit meinen Gerichten auch niemanden überfordern. Man soll auf dem Teller erkennen mit welchen Produkten wir in der Küche arbeiten. Mit Freude beobachte ich, dass mittlerweile auch junge Gäste wieder verstärkt diese Einstellung mit uns teilen!
DAS WEINHAUS Mit Ihren Ideen und Ihrer kulinarischen Kreativität, geben Sie die Richtung in Ihrer Küche vor! Umsetzbar ist dies jedoch wahrscheinlich nur mit einem eingespielten und zuverlässigen Team. Ist es heute schwierig, junge Leute von der Sterne-Gastronomie zu begeistern bzw. sie immer wieder auf´s Neue zu motivieren?
Da kann ich mich glücklicherweise nicht beschweren. Ich habe eine motivierte Brigade, einschließlich Lehrlingen, in meiner Küche. Sie sind wissbegierig, möchten etwas lernen und sind von ihrem Beruf überzeugt. Aber natürlich gibt es in der Spitzen-Gastronomie auch Ausnahmen, die dem oftmals stressigen Küchenalltag nicht ganz so gewachsen sind. Meist merken diese Leute recht schnell, dass sie sich die Arbeit in einer Sterneküche etwas anders vorgestellt haben.
DAS WEINHAUS Welcher Restaurant-Besuch hat Sie in den letzten Monaten am meisten fasziniert?
Und warum?
Da erinnere ich mich sehr gerne an den Besuch im Restaurant Muglia in Varigotti (Ligurien). Ein kleines, sehr gepflegtes Restaurant mit offener Küche. Der topfrische Tagesfang an Fischen und Krustentieren wurden vom Chef des Hauses höchstpersönlich offeriert und ohne viel „Chi-Chi“ zubereitet. Die Qualität war einfach grandios!!
DAS WEINHAUS Welches Land würden Sie, aufgrund seiner kulinarischen Reize, gerne einmal besuchen?
Japan! Nicht weil ich vor habe japanisch zu kochen, aber mich fasziniert die Einstellung zum Essen und vor allem der große Respekt vor Lebensmitteln. Außerdem bin ich von der Küchentechnik und deren Präzision begeistert. Die Lehrzeit für einen Koch in Japan dauert sieben Jahre (!!!), davon wird ein Jahr der perfekte Umgang mit dem Messer gelehrt. Ein gut ausgebildeter japanischer Koch ist in erster Linie auch ein filigraner Handwerker!
DAS WEINHAUS Ganz herzlichen Dank für das nette und interessante Gespräch!
www.douce-steiner.de
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© 08.03.2024