Der Untermoserhof hat eine durchaus lange Historie. Kannst du uns ein bisschen über den Betrieb, die Lage, die Traditionen und die Schwerpunkte erzählen?
 
Der Untermoserhof wurde erstmals im Jahre 1430 schriftlich erwähnt unter dem Besitzer „Niklas Moser“, von dem sich wahrscheinlich auch der Hofname ableiten lässt. Am Hof wurde der Wein schon immer selbst gekeltert, d.h. die Trauben wurden nie an eine Genossenschaft abgeliefert. Zudem war es bis in die 1970er Jahre üblich, dass am Hof auch Tiere wie Schweine, Kühe, Hühner usw. gehalten wurden. Auch Ackerbau wurde betrieben, sozusagen waren diese Höfe vor und vor allem während der Kriegszeiten sozusagen fast Selbstversorger. Der St. Magdalener wurde über viele Jahrzehnte offen in die Schweiz verkauft. Der Wein wurde in Behältern mit 1200 Litern Fassungsvermögen auf den Zug verladen und so in die Schweiz transportiert. In unserem Fall über 50 Jahre an ein und denselben Händler. Ab den 1970er Jahren wurden die ersten Flaschen gefüllt und ab Anfang 1980er wurde die gesamte Menge auf die Flasche gefüllt. St. Magdalena ist ein historisches Weindorf welches seine weinbaulichen Wurzeln bereits in der alten Römerzeit hat und es ist bekannt für den Anbau der Sorte Vernatsch, welche auch heute noch Hauptbestandteil der Flächen hier ausmacht. Zum Glück hält auch die junge Generation sehr stark daran fest. Heute bewirtschaften wir knappe 5 Hektar Rebflächen mit einer Jahresproduktion von rund 40.000 Flaschen. Also ein echter Familienbetrieb in mittlerweile 4. Generation. Die Lagen in St. Magdalena reichen von 250 bis 500 Metern Meereshöhe, auf vulkanischem Porphyr charakterisieren sich die Lagen durch leichte, skelettreiche lehmige Sandböden, welche sich sehr für die Sorten Vernatsch und Lagrein eignen.

Du hast das Weingut im Jahr 2023 offiziell übernommen. Welche Ziele hast du dir gesetzt und wie schafft ihr es als Familie, dass alle an einem Strang ziehen?
 
Genau, ich habe im Jahr 2023 offiziell übernommen, was aber am täglichen Ablauf nicht viel ändert, sondern nur der Name auf offiziellen Dokumenten usw. Wir sind ein klassischer Familienbetrieb wo es nur funktioniert wenn die gesamte Familie zusammenarbeitet und am selben Ziel festhält. Die Übergabe ist uns auch nicht schwer gefallen, da ich und mein Vater auch in der Weinstilistik relativ ähnliche Vorstellungen haben und so sind es hauptsächlich Details, an denen ich seit 2018 feile. Dies war auch das Jahr indem ich zum ersten Mal fix zuhause war. Seither bin ich für die Weine verantwortlich.

Die Südtiroler Weine erleben derzeit einen enormen Aufschwung. Dies war jedoch rückblickend nicht immer so. Was war für dich der entscheidende Richtungswechsel,wenn man die letzten Jahre bzw. Jahrzehnte revuepassieren lässt?

Ich denke, der entscheidende Punkt war nach der Weinkrise in den 1980ern, als es Südtirol mit seinen Pionieren verstanden hat auf Qualität zu setzen. Trauben wurden plötzlich im Sommer auf den Boden geschnitten, Holzfässer wurden eingesetzt und es wurde viel diskutiert. In den letzten Jahren merkt man zudem auch den Aufschwung, den die jüngere Generation mitbringt. Alle bringen eine gute Ausbildung mit und sie konnten Erfahrungen in erstklassigen Weingütern sammeln. Vor allem aber merkt man, dass bei der jüngeren Generation wieder viel mehr über Böden, Vielfalt, Vitalität im Boden, Organische Bearbeitung usw. diskutiert wird, also Landwirtschaft wie sie unsere Urgroßväter vor vielen Jahren betrieben haben. Eine großartige Entwicklung!

Das Thema „St. Magdalener“ scheint dir enorm Spaß zu machen. Woher kommt diese Leidenschaft für diesen Klassiker und wie überzeugst du eingefahrene Weintrinker von diesem Wein zu überzeugen?
 
Ich denke wenn man in St. Magdalena aufwächst, geht es gar nicht anders! Ich, und auch alle meine Freunde und Nachbarn, stehen zu 110% hinter dem Vernatsch und nur gemeinsam können wir den St. Magdalener nach vorne bringen. Es ist letztendlich auch eine Herzenssache, da wir eben hier groß geworden sind und uns die Weine einfach Spaß machen! 

Was ist derzeit eure größte Herausforderung im Rahmen der klimatischen Veränderung?
Wir bemerken vor allem bei vielen Weißweinen aus Südtirol seit Jahren für uns zu hohe Alkohol- und Extraktwerte. Oft fehlt der Trinkfluss und eine gewisse Frische. Wie empfindest du persönlich diese Tendenz ?

 
Ich denke das muss man erstens sehr lagenspezifisch betrachten und zweitens kann man auch mit der Arbeit im Weinberg viel dagegen machen. Es ist sehr wichtig die Traubenzone nicht oder nur wenig zu entblättern um vor direkter Sonne zu schützen. Zudem kann man mit gezielter Bodenbearbeitung  und individuellen Einsaaten die Bodentemperaturen senken, indem man die Begrünung beispielsweise wälzt und somit eine Art natürliche Isolierung erzeugt. Für mich aber ist es besonders der Lesezeitpunkt den man nicht verpassen sollte. Die Trauben müssen noch knackig sein, dennoch reif und auf keinen Fall überreif. Gerade bei den weißen Traubensorten aber auch beim Vernatsch elementar. Es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen die Frische und der Trinkfluss bestens stimmen, auch wenn die Trauben aus warmen Lagen stammen. Aber ich bin ganz deiner Meinung, man muss extrem aufpassen um die Finesse der Trauben zu erhalten!

Du hast vor der Rückkehr in den elterlichen Betrieb eine fundierte Ausbildung genossen und in herausragenden Weingütern gearbeitet. Welche „Lehrmeister“ haben dich dabei am meisten geprägt und beeinflusst?
 
Vor allem waren es die Monate bei Luciano Sandrone in Barolo. Mit Luciano war ich während der Ernte 2015 im Keller und wir haben uns super verstanden und er hat mir von Anfang an sein vollstes Vertrauen geschenkt und mich bei allen Entscheidungen zu sich geholt, mir alles erklärt und sich  auch meine Meinung angehört. Er war eine wirkliche Persönlichkeit, ein Lehrmeister der mir die Liebe zum Wein beigebracht hat und dem ich viel zu verdanken habe. Vor allem auf persönlicher Ebene war es bei Luciano und seiner gesamten Familie unglaublich herzlich, wie es bei den Piemontesern üblich ist. Luciano war auch ein großer St. Magdalener- Fan und hat uns mehrere Male zu Hause besucht. Leider verstarb Luciano Anfang 2023 viel zu früh und hat eine riesengroße Lücke bei seinen Freunden und vor allem bei seiner Familie hinterlassen. Aber ich bin unglaublich dankbar ihn kennengelernt zu haben und pflege auch weiterhin mit seiner Familie und seinen Mitarbeitern regelmäßig Kontakt.

Ihr bewirtschaftet sehr kleine Rebflächen und produziert somit eine überschaubare Menge.
Wie schaut eure Kundenstruktur aus und ist Expansion derzeit für euch eine Option?

 
Wir bewirtschaften ca. 5 Hektar bei einer jährlichen Produktion von rund 40.000 Flaschen und ich denke, dass dies für uns so auch gut passt. Unser wichtigster Markt ist sicherlich Südtirol, wo es eine großartige Gastronomie und einen starken Tourismus gibt. Aber wir exportieren unsere Weine auch. Natürlich in kleinen Mengen und lediglich an ausgewählte Händler. Wichtigster Markt im Ausland ist für uns die Schweiz und Deutschland, aber man findet unsere Weine auch in Neuseeland, Kanada (Quebec) oder Hongkong.

Die Weinregion Südtirol ist schon sehr von beeindruckenden Genossenschaften geprägt.
Welche Chance siehst du dennoch für die kleinen und familiär strukturierten Betriebe?

 
Wir haben eine sehr vorbildhafte Genossenschaftsstruktur, welche alle im hohen Qualitätssegment arbeiten. Dies ist für uns kleineren Weingüter von großer Bedeutung, da wir so im Ausland ein sehr anerkanntes Image haben. Die Südtiroler Weinszene ist jedoch auch von zahlreichen Familienbetrieben geprägt, wie etwa die Vereinigung der „Freien Weinbauern Südtirol“, die mittlerweile an die 115 Mitglieder zählt. Die Vielfalt  ist groß und schon allein durch die stark unterschiedlichen Höhenlagen (200-1000m Meereshöhe) finden wir spannende Unterschiede in der Stilistik der Weine. Für Weinfreunde gibt es da vieles zu entdecken!
 
Wo siehst du in den nächsten Jahren die größte Herausforderung was dein Weingut aber auch generell den Wein-Markt betrifft?
 
Ich denke der Weinverkauf gerade im mittleren Segment wird in den kommenden Jahren generell etwas schwieriger da einige wichtige Exportmärkte eingebrochen sind und weltweit der Weinkonsum sinkt.  Aber ich bin mir sicher, dass wir kleinen Betriebe mit unseren überschaubaren Mengen und Verkaufsnetzwerken schon eine gute Zukunft haben. Der Trend geht zu authentischen, handwerklichen Produkten. Der interessierte Weintrinker möchte wissen, wer als Person hinter dem Wein steht und nach welcher Philosophie er erzeugt wurde. Da bei uns alles aus einer Hand kommt, schaffen wir eine größtmögliche Transparenz gegenüber unserer Kunden. Die schafft Vertrauen!

Gibt es betriebsintern derzeit spannende Projekte, über die du schon sprechen kannst?
Auf was dürfen wir uns in den nächsten Jahren freuen?

 
Im Betrieb tut sich eigentlich ständig etwas und man entwickelt sich immer weiter. Somit kann man sich immer auf die nächsten Jahre freuen. Wir haben in der jüngeren Vergangenheit die Sorten Weißburgunder und Cabernet Franc durch neue Pachtweingärten dazubekommen, was für uns schon sehr spannend war und jetzt denke ich gilt es einfach weiter an allem zu arbeiten. Unsere Kunden können sich schon sehr auf die neuen Jahrgänge freuen, da diese sehr vielversprechend sind.

Welche Weine, außerhalb Südtirols, faszinieren dich ganz persönlich und was war dein letztes großes Wein-Highlight, das dich nachhaltig fasziniert hat?
 
Ich trinke im Weißweinbereich  am liebsten guten Chardonnay, und bei den Rotweinen sind es vor allem Pinot Noir. Sehr gerne aber auch Syrah von der nördlichen Rhone. Und vor allem habe ich ein großes Herz für Barolo und Barbaresco, da mich mit dem Piemont persönlich einfach viel verbindet. Die Weine, die Menschen und auch das gute Essen. Ein großes Highlight war im letzten November (2023) als wir bei Angelo Gaja in Barbaresco zu Besuch waren und dort den berühmten Barolo Sperss 2018 probieren durften, was für mich einer der größten Baroli war, den ich je probiert habe. Ein Rotwein, der an Finesse kaum zu überbieten war, was wiederum bei Nebbiolo eine echte Kunst  ist. Ganz kürzlich hat mich aber auch der Barolo „Aleste“ 2015 von Luciano Sandrone inspiriert. In diesem Jahr arbeitete ich ja bei Sandrone! Ein großer Wein, den ich natürlich mit vielen prägenden  Erinnerungen verbinde!




 

F L O R I A N   R A M O S E R

 

 


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© 13.05.2024