DAS WEINHAUS   Martin, wann genau hat Deine Leidenschaft für Wein bzw. den Weinbau begonnen? Und wie sah Deine Zeit der Ausbildung und „Wanderjahre“ aus?

Zuerst habe ich eine Ausbildung zum Landwirt gemacht und danach die Lehre zum Winzer. Im Anschluss bin ich direkt nach Weinsberg auf die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau, um mich dort zum Techniker für Weinbau und Oenologie ausbilden zu lassen.
In unserer Familie war der Weinanbau schon seit Generationen verwurzelt. Das Traubengut wurde jeher an die Winzergenossenschaft in Glottertal und an den Badischen Winzerkeller abgegeben. Somit war der Grundstein gelegt aber der Weinausbau hat mich erst mit Beginn meiner Lehre mehr und mehr interessiert. Unterstützend waren Begegnungen mit anderen Winzern und ferner natürlich immer mehr auch der Genuss des Weines, ernsthaftere Degustationen, das Verstehen von Qualitätsunterschieden, die unterschiedlichen Vorzüge der Anbauregion inkl. des Terroirs und, und, und… Im Laufe der Zeit hatte ich Gelegenheit in die unterschiedlichsten Weinbauregionen zu reisen, um mich, meinen Geschmack und mein Bild von einem  qualitativ hochwertigen Wein zu schulen. Unter anderem war ich in  Südafrika, im Burgenland, Burgund und Bordeaux, in der Wachau und Schweiz. Mit sehr guten Freunden verkoste ich immer und immer wieder viele Weine verschiedenster Herkunft.
Mich interessieren die großen Pinots, mich faszinieren die Top-Lagen, die eine Bewirtschaftung extrem schwierig machen aber im Gegenzug unverwechselbar torroirbezogene Weine hervorbringen. Mich interessieren nicht die „lauten“ Weine, sondern spannend finde ich Weine, die ihre Qualität aus dem reduzierten Eingreifen hervorbringen.

DAS WEINHAUS   Welche Situation hast Du vorgefunden, als Du dann im elterlichen Betrieb eingestiegen bist?

Mit Weinausbau und Verkauf habe ich begonnen. Unsere Mitgliedschaft im Badischen Winzerkeller haben wir 1995 gekündigt. Die bestehenden Stallgebäude wurden zu Kelterhalle und Flaschenlager umgebaut.

DAS WEINHAUS   Ihr macht Euch gerade in den letzten Jahren einen exzellenten Namen mit Euren Wein-Qualitäten. Wo liegt dabei der Schwerpunkt?

Sortenspezifisch konzentrieren wir uns auf Burgunder – hier Grau-, Weiß- und Spätburgunder. Sie sollen terroirbezogen und jahrgangstypisch sein.

DAS WEINHAUS   Was macht den Breisgau aus Deiner Sicht einzigartig?


Wir stehen voll und ganz hinter unserer Weinbauregion Breisgau und bedauern, dass dieser nur in geringem Maße wahrgenommen wird. Seit Jahren versuchen wir dies zu ändern und verzeichnen Stück für Stück auch Fortschritte. Die große Vielfalt an Landschaft, Böden und Lagen verbunden mit der individuellen Philosophie und dem Ausbaustil eines jeden Winzers zeichnet uns in besonderem Maße aus.

DAS WEINHAUS   Ihr bewirtschaftet verhältnismäßig viele Steillagen. Segen und Fluch zugleich! Wie stehst Du dazu?

In der Tat fordern uns die Steillagen in besonderem Maße aber jeder Wein aus diesen Lagen ist ein Erfolg und mit keiner flachen Lage vergleichbar!

DAS WEINHAUS   Wie sehr kämpft Ihr Jahr für Jahr mit der klimatischen Veränderung? Gibt es neben diversen Herausforderungen, die zwangsläufig damit verbunden sind auch neue Chancen und Möglichkeiten?

Die zunehmende Trockenheit stellt das größte Problem dar. Die Bewässerung vornehmlich der Junganlagen verlangt uns einiges an Arbeit, Zeit, Kraft und Ideenreichtum vor allem in den Steillagen ab. Wir nutzen neue Bewirtschaftungsmodelle wie z. B. den Einsatz von Strohabdeckung, um die Wasserverdunstung zu reduzieren, wir rekultivieren alte Anlagen und versuchen diese länger zu erhalten statt vorschnell zu roden. Zudem beschäftigen wir uns zunehmend mit ökologischer Bewirtschaftung und lassen hier bereits Machbares mit einfließen.

DAS WEINHAUS   Deutsche Weine sind gefragt wie selten zuvor. Wie empfindet Ihr die Situation beim Verkauf ab Hof bzw. im Rahmen Eurer Kooperationen mit dem engagierten Fachhandel?

In der Tat ist das Interesse an qualitativ hochwertigen, ehrlichen Weinen sehr groß. Auch die jüngere Generation ist sehr interessiert. Der persönliche Kontakt ist nach wie vor wichtig und ist uns ein besonderes Anliegen bei unserer Privatkundschaft sowie mit unseren Fachhändlern. Aber der Markt ist hart umkämpft und die Generierung von Neukunden schwierig. Aber wir sind zuversichtlich, kennen unsere Stärken und verfallen nicht in Aktionismus.

DAS WEINHAUS   Wie sehr hat die „Corona-Pandemie“ Euren betrieblichen Ablauf auf den Kopf gestellt? Und gab/gibt es vielleicht trotz der angespannten Situation auch positive Effekte?

Im vergangenen Jahr waren wir deutlich konzentrierter und dadurch disziplinierter.
Der Versandhandel hat zugenommen, dadurch haben wir unsere logistischen Abläufe verbessern müssen.
Die unterschiedlichen Vertriebswege haben uns in dieser schwierigen Zeit geholfen. Der Kontakt zu Fachhandel und Privatkundschaft war intensiver, verbindlicher und gefühlt noch wertschätzender.

DAS WEINHAUS   Eure Weine kenne ich seit gut 3 Jahren. Ich bin der Meinung, dass Ihr noch immer auf einer qualitativ spannenden Reise seid. Weiß- und Rotweine bekommen von Jahr zu Jahr mehr Tiefe und Struktur. Was können bewusste Weintrinker in Zukunft von Euren Produkten erwarten?

Wir haben das Ziel unsere Weine noch terroirbezogener, lagenspezifischer werden zu lassen. Hochwertiger Wein entsteht im Weinberg – der Anbau spielt bei uns eine immer wichtigere Rolle!

DAS WEINHAUS   Ich bekenne mich gerne als großen Fan gut gemachter Gutsweine! Das beste Beispiel dafür ist meiner Meinung nach Dein „Einstiegs-Spätburgunder“. Wie schaffst Du es, einen derart überzeugenden Rotwein in dieser attraktiven Preisklasse auf die Flasche zu bringen?

Grundsätzlich unterscheiden wir nach Alter und Ertrag der Rebanlagen. Die Basis-Parameter wie gesundes Lesegut, Handlese, schonender Ausbau gelten für alle Qualitäten. Für unseren Spätburgunder Gutswein verwenden wir in der Regel die Trauben aus den Junganlagen.

DAS WEINHAUS   Die Burgunder-Weine (weiß und rot) sind Dein Steckenpferd. Was genau fasziniert Dich dabei am meisten?

Kein Jahr gleicht dem anderen, jede Vegetations-Periode sind wir aufs Neue enorm gefordert. Wir müssen flexibel und immer auf der Hut sein. Das Ergebnis bei den Burgundern ist jedes Mal faszinierend – man schmeckt das Jahr im Glas, das Terroir spricht mit einem und zeigt seine Mineralität, Feingliedrigkeit oder Opulenz. Im Ausbau kann man dies noch etwas unterstützen – ob man nun den Wein im Edelstahl oder Holz ausbaut. Das ist wahnsinnig spannend und macht einfach nur Spaß.

DAS WEINHAUS   Dein Weingut befindet sich nach wie vor in einer Phase, die von einer gewissen Umstrukturierung geprägt ist. Erkläre bitte, was für Euch als Familie dabei die größte Herausforderung ist?

Wir verfolgen als Familienbetrieb ein gemeinsames, fest fixiertes, klares Ziel - das beste und optimalste Ergebnis aus unseren Weinbergslagen herauszuholen (ohne die Natur als wichtigsten „Partner“ auszubeuten). Hier versuchen wir Tradition und Moderne zu paaren – was natürlich ein besonderes Spannungsfeld erzeugt. Was bleibt und was kommt? Diese Frage begleitet uns Tag für Tag.
Das Familienleben darf darunter nicht leiden und hat einen immens hohen Stellenwert. Nur wenn das Umfeld passt, können wir funktionieren und leidenschaftlich, konzentriert und zukunftsorientiert arbeiten.

DAS WEINHAUS   Nachhaltiger und ressourcenschonender Weinbau ist sprichwörtlich in aller Munde. Wie groß ist dabei die Herausforderung in der Praxis und wie versucht Ihr im Betrieb mit diesem Thema verantwortungsvoll sowie zukunftsorientiert umzugehen?

Die umweltschonende Bewirtschaftung unserer Reben war seither ein wichtiger Faktor unseres qualitätsorientierten Denkens und Handelns. Nachhaltige und ökologische Produktion ist zwischenzeitlich unser hoch gestecktes Ziel – nicht weil wir es müssen, sondern weil wir es wollen! Aber klar ist, dass der Steillagenanbau hier gewisse Grenzen setzt und wir somit Schritt für Schritt, nicht übereilt, auf dieses Ziel zugehen werden.

DAS WEINHAUS   In diesem Zusammenhang habt Ihr Euch auch dazu entschieden euch von Fair’n‘ Green zertifizieren zu lassen. Wie seid ihr darauf gekommen? Was steckt dahinter?

Wie bereits in der vorangegangenen Frage erwähnt, war und ist uns der sorgsame Umgang mit der Natur schon immer wichtig und nimmt zu Recht eine immer zentralere Rolle im Betrieb und dem täglichen Ablauf ein. Für uns stehen die Themen Nachhaltigkeit und Biodiversität damit in direktem Zusammenhang. Um alle Komponenten berücksichtigen und die Potenziale vollumfänglich im Innen- und Außenbetrieb nutzen zu können, brauchen wir einen verlässlichen und kompetenten Ansprechpartner, der uns in diesen Zielen unterstützt und anleitet. Hier haben wir uns klar für FAIR'N GREEN entschieden und setzen so ein eindeutiges Statement für unsere weitere betriebliche Zukunft. Eine weitere, wichtige Etappe auf dem Weg zum Ziel sozusagen.

DAS WEINHAUS   Welcher kulinarische Moment in der Vergangenheit, löst bei Dir sofort wieder „Gänsehaut-Feeling“ aus?

Im Jahre 2004 waren wir im Tantris in München essen und wurden von Paula Bosch bei der Weinauswahl beraten. Dieses Erlebnis und das Zusammenspiel von Wein und Essen bleibt uns stets in bester Erinnerung.
Von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung wurden wir im Jahr 2012 zur Winzerentdeckung des Jahres gekürt. Im Nachgang durften wir an einem Galadiner auf Schloss Bensberg teilnehmen, wo unser Grauburgunder Gneis in das Menü mit eingebaut wurde. Das war unglaublich spannend & beeindruckend.

DAS WEINHAUS   Auf was dürfen wir uns beim aktuellen Jahrgang besonders freuen?

Der Jahrgang 2020 entspricht voll und ganz unserem Stil – feinfruchtig, mineralisch, schlank mit Eleganz und langem Nachhall. Für uns eine wahre Freude!


DAS WEINHAUS   Herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute!!




 

M A R T I N   F R E Y

 

 


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© 08.03.2024