DAS WEINHAUS   Herr Fürst, was macht für Sie ein wirklich guter Wein aus?

Das ist sehr unterschiedlich. Ein guter Wein kann auch sehr einfach sein. Zum Beispiel ein Gläschen Vernatsch zum Speck auf einer Skihütte in den Dolomiten ist zu diesem Anlass ein sehr guter Wein.
Auf jeden Fall muß es ein Wein sein,  der Genuss bereitet, und eine Idee oder eine Tradition sollte dahinterstehen. Ganzheitlichkeit, Natürlichkeit und in gewissem Maße auch eine Harmonie  aus allen Inhaltsstoffen sollte man vorfinden. Das ist sehr theoretisch, deshalb vertraue ich auf meinen Geschmack und mein Gefühl. Die besten Weine welche ich je getrunken habe, erzeugten bei mir regelrecht Gänsehaut!! 

DAS WEINHAUS   Sie gelten in Deutschland als Rotwein-Pionier. Ihre Burgunder leben von enormer Strahlkraft, Sortentypizität und Finesse. Welches sind für Sie die wichtigsten Faktoren, um derart große Weine auf die Flasche zu bringen?

Wie in allen Berufen sind alle Produktionsfaktoren (Boden, Arbeit und Kapital) zu optimieren.
Die natürlichen Voraussetzungen sind aber entscheidend und sie sind auch nicht groß veränderbar.
Für die Feinheit der Burgunderweine sind die steinigen und gut drainierten Böden ein ganz großer Vorteil. Wenn die Spätburgunderweine auf der Zunge tanzen und wenn sie dann ihre Kraft im Mund aufbauen und lange nachklingen, dann hat das sehr viel mit dem Terroir zu tun.

DAS WEINHAUS   Ihr Weingut liegt in Bürgstadt am Main. Was schätzen Sie an diesem Landstrich und den von Ihnen bewirtschafteten Weinbergen am meisten?

Der westliche Teil des Frankenlandes (Churfranken) hat eine alte Weinbaugeschichte. Es war bis 1806 zu Fürstbischoftum Mainz gehörig und diese Westorientierung gibt es heute noch. Im Talkessel Miltenberg ist ein gutes Weinbauklima. Der Main hat sich hier ein tiefes Bett in das Buntsandsteinmassiv gegraben und die churfränkischen Weinberge liegen hier von Bürgstadt bis Erlenbach wie an einer Perlenschnur aufgereiht zwischen den Mittelgebirgen Odenwald und Spessart.  Churfranken ist eine kleine aber feine Gegend wo schon immer rote Burgunderweine erzeugt werden.

DAS WEINHAUS   Haben sich die Rahmenbedingungen für Sie als Produzent in den letzten Jahren gravierend verändert? (Klima, Gesetzgebung, Kunden, Absatzmärkte etc.)

Für den Burgunder sind warme Jahre sehr schön. Aber auch in den kühleren Jahren, wenn die Burgundertrauben kleinbeerig geraten, gerade dann entstehen Spätburgunder Spitzenweine mit ganz großer Feinheit und Spannung. Was uns zu schaffen macht sind zunehmende starke Witterungsereignisse, welche so wie es scheint, stärker und häufiger auftreten. Erosionsvermeidung ist hier ein großes Thema. Erfreulich ist, daß immer mehr Weinfreunde den „Pinot“ besser verstehen und seine Besonderheit schätzen. Nicht die dunkle Farbe und eine Tanninbombe, sondern das leuchtende rubinrot und die Seidigkeit werden immer mehr geschätzt.

DAS WEINHAUS   Sehr viele Weingüter repräsentieren sich heute mit extrem aufwendigem Marketing. Bei Ihnen habe ich das Gefühl, dass Sie gerne die Qualität der Weine sprechen lassen! Praktizieren Sie dieses „System“ ganz bewusst oder entspricht dies einfach Ihrem Charakter?

Der Focus liegt Ganz klar in der Produktion. Wir sind alle sehr viel in den Weinbergen. Auch im Weinkeller lassen wir nichts anbrennen. So kaufen wir zum Beispiel die besten Fässer welche wir kriegen können, und wir beherrschen den schonenden Umgang mit den Trauben und dem Wein. Der Markt hat dies bis jetzt immer so stark belohnt, dass wir nicht zu offensiv nach außen auftreten mussten. Aber auch beim Marketing handeln wir professionell. Flaschenausstattung, das Sortiment der Weine die Weinbezeichnungen, hier muß alles gründlich überlegt sein und es muß vor allem auch langfristig Bestand haben. So sind unsere schlichten aber wiedererkennbaren  Etiketten im Wesentlichen seit Jahrzehnten fast unverändert gestaltet. Außerdem zeigen wir unsere Weine im Rahmen der VDP Verkostungen in vielen deutschen Städten, und wir unterstützen unsere Händler und Gastronomen bei Hausveranstaltungen.

DAS WEINHAUS   Sie werden von Ihrem Sohn Sebastian tatkräftig unterstützt. Gibt es dabei eine klare Arbeitsaufteilung oder entscheiden Sie in allen Bereichen stets zusammen?

Sebastian hat nach seinem Önologiestudium die technische Betriebsleitung übernommen. Zuvor hat er praktische Erfahrung in einigen Betrieben gesammelt. Vor allem in Burgund konnte er viel lernen und sich bis heute ein Netzwerk aufbauen, von dem wir alle sehr profitieren.

DAS WEINHAUS   Wie sieht es generell mit dem Winzer-Nachwuchs in Franken aus? Sind die Jung-Winzer heutzutage hungrig die elterlichen Betriebe zu übernehmen oder ergeben sich hierbei tendenziell große Probleme?

Generell ist der Winzerberuf heute ein geschätzter Beruf. Für viele junge Leute ist er der schönste Beruf der Welt. Wir selbst sind Ausbildungsbetrieb und haben schon viele Winzerinnen und Winzer ausgebildet. Es gibt so viele engagierte junge Leute wie noch nie. Auch die Anzahl der Quereinsteiger ist hoch, wie man ja auch an einigen Betriebsgründungen sehen kann sind einige davon auch sehr erfolgreich. Für uns ist die Ausbildung eine Herzensangelegenheit und wir versuchen auch den Spaß an der Sache rüberzubringen.

DAS WEINHAUS   Die ganze Weinwelt spricht derzeit über Biodynamie und Nachhaltigkeit! Wie stehen Sie persönlich zu diesen großen Begriffen? Nach welchen „Richtlinien“ wird bei Ihnen im Weingut gearbeitet?

Konkret: Seit 1975 wird Stickstoff nur in Form von selbst erzeugtem  Kompost auf der Grundlage von Kuhmist, Pferdemist und Trester ausgebracht. Es gibt hier eine ganz aufwändige Kompostbereitung. Die Bodenbewirtschaftung ist sehr optimiert. Mulchgerät, Sähmaschine, Schichtengrubber, Kompoststreuer, Pflug, Spatenmaschine, Grubber, Kreiselegge werden individuell eingesetzt. In den extrem steilen Terrassen bewirtschaften wir gute 2 Hektar mit ca. 1300 Arbeitsstunden je Hektar strapaziöser Handarbeit. Bei vielen Arbeiten wird auf die kosmischen Kräfte geachtet. Präparate wie z. B: dynamisiertes Kuhhornpräparat werden nicht angewendet.  Wir sind auch nicht zertifiziert.

DAS WEINHAUS   Sie sind ein Winzer mit großen Erfolgen und jahrelanger Erfahrung. Gibt es für Sie heute noch Vorbilder oder Winzer-Kollegen zu denen Sie aufschauen?

Wir haben mittlerweile sehr gute Verfahren für unsere Bedingungen erarbeitet, welche so wie wir meinen hier die besten Ergebnisse gewährleisten, aber trotzdem  interessiert uns ständig was in der Branche vor sich geht, und wir probieren sehr viele Spitzenweine gemeinsam.  Wir haben auch einen internationalen Freundeskreis an Winzerkollegen und tauschen uns hier intensiv aus. Vorbilder gibt es einige deren Leistungen wir besonders schätzen. 

DAS WEINHAUS   Sie sind ausgewiesener Pinot-Experte, oder wie Jancis Robinson einmal geschrieben hat, „Pinot-Magier aus Deutschland“. Kann man Paul Fürst auch mit anderen Weinen eine große Freude machen oder sind die Burgunder Ihre unangefochtene Nummer Eins?

Riesling ist für mich seit meinem ersten Praktikum im Jahre 1972 am Schloss Johannisberg die am meisten geschätzte Weißweinsorte, der wir übrigens einen großen Teil der betrieblichen Entwicklung verdanken.  Gott sei Dank passt das hier mit den roten Böden auch für den Riesling sehr gut. Aber der „Pinot“ spielt  hier auch aufgrund der Flächenanteile immer  die erste Rolle. Die meisten Verkostungen und Gespräche drehen sich eben immer um die kapriziöseste aber feinste Rotweinsorte der Welt.

DAS WEINHAUS   Ich mache eigentlich immer die Erfahrung, dass gute Winzer auch leidenschaftlich gerne essen oder kochen. Findet man auch Sie hin und wieder in der Küche? (Und wenn ja, was ist Ihre Spezialität, die Sie am liebsten zubereiten? Wenn nein, wer ist bei Ihnen zu Hause für´s leibliche Wohl zuständig und mit welchem Essen kann man Sie begeistern?)

Wein und Essen gehört ja meistens zusammen, wobei ich extra betonen möchte, dass eine gute Flasche Spätburgunder auch ein extrem angenehmer Begleiter von Mußestunden sein kann. Wir haben gerade in der Gastronomie sehr viele Freunde gewonnen mit denen wir den Weg in den letzten 40 Jahren gemeinsam gegangen sind, wie ja insgesamt die erfolgreiche Entwicklung des deutschen Weines sehr mit dem Aufschwung der deutschen Küche verbunden ist. Bei mir selbst ist kochen keine Stärke, dafür kocht meine Frau viel zu gut. Wir essen fast alles. Wichtig ist für uns aber immer, dass es sich bei den Produkten um authentisch und  natürlich erzeugte Lebensmittel handelt.


DAS WEINHAUS   Herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview genommen haben!
Ihnen weiterhin alles Gute und viel Erfolg!



 

Fürst

S E B A S T I A N + P A U L    F Ü R S T

 


Zurück zur Startseite

© 08.03.2024